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OB Sören Link will Null-Toleranz-Politik: „Die Osteuropäer kommen ja nicht alle nach Duisburg, um hier zu arbeiten“

OB Sören Link will Null-Toleranz-Politik: „Die Osteuropäer kommen ja nicht alle nach Duisburg, um hier zu arbeiten“

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Sören Link möchte erneut Oberbürgermeister von Duisburg werden. Foto: DANIEL ELKE / FUNKE Foto Services

Duisburg. 

Designer Outlet Center, Stau-Chaos und immer wieder Marxloh: Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) muss gerade viel erklären. Er ist oft in der Stadt unterwegs und trommelt für seine Politik, denn am 24. September ist OB-Wahl.

DER WESTEN trifft den 41-Jährigen in seinem holzgetäfelten Amtszimmer. Link wirkt entspannt, die Strapazen des Wahlkampfs sieht man ihm nicht an. Ein Gespräch über Null-Toleranz-Politik, Bivsi und die Gründerszene im Ruhrgebiet.

DER WESTEN: Herr Link, überall wird der Tod des Einzelhandels in den Innenstädten beklagt. Befördert das DOC nicht so eine Entwicklung in Duisburg?

Sören Link: Als Kind bin ich mit meinen Eltern zum Einkaufen von Kinderkleidung an die Münzstraße gefahren. Diese Geschäfte gibt es leider schon lange nicht mehr. Durch das DOC haben wir die Chance, ein neues Sortiment anzubieten. Und wir können ein kaufkräftiges Publikum in die Stadt bringen, das vielleicht dann auch noch in die Innenstadt geht.

„Asozial bleibt asozial“ – mit dieser Aussage haben Sie im Juni für Aufruhr in der türkischen Community gesorgt. Würden Sie das heute auch noch so sagen?

Ich weiß nicht, ob ich die gleichen Worte wählen würde. Aber inhaltlich habe ich nichts zurück zu nehmen. Massenaufläufe, bei denen Menschen Einsatzkräfte daran hindern, ihre Arbeit zu machen, darf man als Gesellschaft nicht zulassen.

Thema Erdogan: Wird sein Boykott-Aufruf Auswirkungen auf die Wahl haben?

Viele Deutschtürken, die schon lange hier leben, sehen Deutschland als ihren Lebensmittelpunkt und machen sich ihr eigenes Bild. Ich würde mir wünschen, dass das, was wir hier über Jahrzehnte aufgebaut haben, nämlich ein gutes Miteinander, nicht von externen Staatschefs konterkariert wird.

„Die Abschiebung war völlig rechtens, aber das Ergebnis fühlt sich nicht richtig an“, haben Sie zum Fall Bivsi gesagt. Wenn sich Entscheidungen schon für Politiker falsch anfühlen – wie sollen sie dann von Bürgern verstanden werden?

Ja, das fällt wirklich schwer zu erklären. Das Problem liegt nicht in Duisburg, sondern im Asyl- und Ausländerrecht. Es kann nicht sein, dass ein Verfahren 20 Jahre lang dauert und die Menschen nicht wissen, ob sie bleiben können oder nicht. Und wir brauchen ein Einwanderungsrecht. Mir ist es lieber, wir steuern die Einwanderung und schauen, wen wir hier brauchen.

Wen brauchen wir denn hier?

Wir brauchen an ganz vielen Stellen auf dem Arbeitsmarkt Facharbeiter, zum Beispiel Pflegekräfte. Ich finde es gut, wenn eine Gesellschaft sagt, für diese oder jene Positionen können wir Menschen gebrauchen.

Und wen brauchen wir nicht?

Am Asylrecht ist nicht zu rütteln. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht alle aufnehmen können. Wir müssen klären, bis zu welchem Punkt das geht. Eine europäische Regelung ist da unverzichtbar.

Haben Sie schon mit Bivsi gesprochen?

Ja, aber es war ein Gespräch unter vier Augen. Das Mädchen muss jetzt zur Ruhe kommen. Sie ist auf dem Weg zum Abitur und da soll sie auch hinkommen. Ich bin froh, dass sie wieder da ist.

Bei der Landtagswahl schnitt die AfD in Duisburg im Landesvergleich überdurchschnittlich gut ab. Wie gewinnen Sie diese Wähler zurück?

Themen, die vielen Menschen auf der Seele brennen, darf man nicht tabuisieren. Darüber müssen wir reden und Lösungen finden, gerade in Volksparteien wie SPD und CDU. Das ist zumindest mein Anspruch. Denn die AfD hat einen Makel: Sie hat keine Lösungen im Angebot.

Was entgegnen Sie Leuten, wenn Sie immer und immer wieder auf Marxloh angesprochen werden?

Ich freue mich darüber. Mein Vater kommt aus Marxloh, ich bin gerne und oft dort. Ich sehe eine positive Entwicklung, ich sehe aber auch die Probleme. Darüber muss man offen reden. Wir brauchen dort einen handlungsfähigen Rechtsstaat. Deshalb haben wir auch die Task Force, die sich um die Problemhäuser kümmert.

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Null-Toleranz-Politik, Räumung von Schrott-Immobilien und Sie möchten Südosteuropäer gegen Syrer tauschen. Fühlen Sie sich eigentlich noch heimisch in der SPD?

Natürlich! Gerade in der SPD ist eine Null-Toleranz-Politik richtig. Sozial schwache Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass jemand eingreift, wenn sich ein anderer nicht an die Regeln hält. Für die Aussage mit den Syrern und Osteuropäern habe ich übrigens viel Zuspruch aus der Bevölkerung bekommen.

Warum?

Die Osteuropäer kommen ja nicht alle nach Duisburg, um hier zu arbeiten – in eine Stadt mit über 12 Prozent Arbeitslosenquote. Dann würden sie woanders hingehen. Die kommen zu uns, weil der Wohnraum hier günstig ist, weil die Infrastruktur gut ist. Aber sie müssen sich an die Regeln halten.

Wie wird Marxloh in zwei Jahren aussehen?

Wir machen mit der Task Force weiter, wir werden eine Stadtteilschule etablieren und wir werden die leeren Immobilien zum Teil aufkaufen. Die Brautmodenmeile, die Moschee, die schöne alte Häuserstruktur, das sind gute Aspekte in Marxloh. In New York sind Viertel wie Little Italy oder China Town Touristenmagneten. Warum nicht auch Marxloh?

Duisburgs Arbeitslosenquote ist fast doppelt so hoch wie Düsseldorfs. Wie holen wir ein paar Jobs von da rüber zu uns?

Duisburg hat in den letzten Jahren eine positive Entwicklung was Arbeitsplätze angeht, aber wir sind auf einem zu niedrigen Niveau. Die Uni muss unterstützt werden, Kooperationen mit der Wirtschaft sind nötig. Der richtige Weg sind die Ansiedlung von Mercedes in Ruhrort und auch die Erweiterung der Uni in Wedau.

Es heißt immer: Im Pott gibt’s zu wenige junge Gründer. Was tun Sie dagegen?

Wir bauen das Breitbandinternet aus. Wir bringen die Glasfaser als Voraussetzung für Startups in die ganze Stadt. Auch der Ausbau der Uni in Wedau kann da helfen. Außerdem haben wir das Projekt GRIID (Gründungsinitiative Innovation Duisburg) von der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, das sehr erfolgreich ist.

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Woran liegt es, dass die Gründerszene im Ruhrgebiet noch nicht so stark ausgeprägt ist?

Wir sind immer noch von der Struktur der Großbetriebe geprägt. Junge Menschen streben sichere Arbeitsverhältnisse an. Gerade junge türkischstämmige Bürger sind da mutiger. Das müssen wir unterstützen.

Die Sperrung der A40-Brücke hat zu Chaos in Duisburg geführt. Was machen Sie gegen den Stau?

Erstmal etwas anscheinend Widersprüchliches. Wir müssen die Infrastruktur modernisieren. Deshalb haben wir momentan so viele Baustellen. Wenn wir das nicht machen, bricht uns die Infrastruktur unter unseren Füßen zusammen – siehe A40-Brücke.

Damit lösen Sie die Stau-Problematik aber noch nicht.

Wir haben 100 Millionen Euro Fördermittel vom Land und vom VRR erkämpft, damit wir weiterhin guten Bahnverkehr anbieten können. Außerdem soll der Radverkehr attraktiver werden. An der A40-Brücke ist ein vernünftiger Radweg nötig. Auch der Radschnellweg sollte bis nach Hochfeld und Rheinhausen gehen. Und wir wollen an der A59 ein Radschnellweg gleich mitplanen.

Auch ein Oberbürgermeister hat mal frei. Wo gehen Sie in Duisburg feiern?

(lacht) Wann ich das letzte Mal in einer Disco war, weiß ich gar nicht mehr. Vor einigen Wochen war ich im Sommerkino im Landschaftspark, auch am Mercator-Beach war ich in diesem Sommer schon. Mit Freunden treffe ich mich sonst gerne im Brauhaus in Walsum.

An der Frage „Ruhrpott oder Rheinland” scheiden sich in Duisburg die Geister. Hand aufs Herz: Currywurst oder Rievkooche?

Ich bin kein großer Freund von Reibekuchen, aber Currywurst mag ich sehr. Die Diskussion über Rheinland oder Ruhrgebiet habe ich nie verstanden. Wir in Duisburg sind sowohl als auch. Hier fließen Rhein und Ruhr zusammen.